REI

REI ist die neue Auffassung der menschlichen Psyche. Diese Theorie stellt die Grundlagen der Wirkungsweise unserer Vernunft dar und beleuchtet den Hintergrund unserer Gedanken. Obwohl es aus vielen geschichtlichen Quellen ersichtlich ist, dass über dieses Wissen auch altertümliche Zivilisationen verfügten, ist es jedoch nicht klar, wie dieses Wissen verloren gehen und uns so lange verborgen bleiben konnte.

Alle Informationen, die von unserem Körper in der Umwelt wahrgenommen werden, ein Wort, das wir hören, ein Bild, das wir sehen, oder ein Geruch, den wir wahrnehmen, wandeln sich für uns erst in Daten um, nachdem die sinnliche Wahrnehmung von unserem Gehirn verarbeitet worden ist. Das Gehirn kann dabei alles auf seine eigene Art annehmen oder ablehnen, bewerten oder verkehren. So wird von jedem Menschen vom ersten Augenblick seines Lebens an unbewusst seine eigene Welt geschaffen, die von ihm als die einzige bestehende Wahrheit begriffen wird. Weil jeder von uns in seiner eigenen Welt lebt, glauben wir, dass auch alle anderen Welten ebenso sind, und obwohl wir ahnen, dass es zwischen uns gewisse Unterschiede gibt, stellen wir uns nur schwer vor, wie sehr sich unsere Welten unterscheiden. Und diese Unterschiede und ihr Fehlverständnis sind die Quelle aller Schwierigkeiten in unseren wechselseitigen Beziehungen.

Wir haben gewusst, dass unsere Gedanken durch bewusste und unbewusste Prozesse gebildet werden. Das hat jedoch nicht ausgereicht, um den Ursprung der unter uns bestehenden grundlegenden Unterschiede zu verstehen. Wir haben bis jetzt nicht eingesehen, dass in unserem Gehirn drei unabhängige Systeme wirken, die sich durch ihre Eigenschaften und ihre Wirkungsweise voneinander unterscheiden. Jedes dieser Systeme bildet einen Verstand an sich und jedes strebt nach der Vorherrschaft über die beiden anderen. Obwohl diese Verstände miteinander um die Macht ringen, können sie ohneeinander nicht bestehen, und obwohl jeder von ihnen seinen eigenen Wirkungsbereich hat, kann es einem von ihnen gelingen, die beiden anderen völlig zu übertönen. Ihre wechselseitigen Machtverhältnisse stellen sich während unseres Heranwachsens her, und dadurch wird auch unser Charakter lebenslang geprägt. Jeder dieser drei Verstände kann die Macht über unsere Welt an sich reißen.

Zwischen den Verständen sind folgende Verhältnisse möglich:

Einer der drei Verstände kann sich an die erste Stelle stellen, wobei den beiden anderen eine untergeordnete Rolle bleibt.

An die erste Stelle können sich gemeinsam zwei Verstände stellen, und somit fällt die untergeordnete Rolle nur einem Verstand zu.

Das Machtverhältnis lässt sich nach folgendem Schlüssel gliedern: am wichtigsten, mittelwichtig, am wenigsten wichtig.

Auf diese Weise gewinnen wir zwölf unterschiedliche Aufstellungen, welche die zwölf menschlichen Charaktere darstellen.

Die drei beschriebenen Verstände werden seither als Ratio, Emotio und Instinkt bezeichnet. Es ist aber umgehend anzumerken, dass ihre Namen mit den bisher bekannten Bedeutungen dieser Wörter nicht viel Gemeinsames haben. Die Ratio ist somit nicht vernünftig, die Emotio nicht gefühlsmäßig und der Instinkt nicht triebhaft.

Die Tabelle unten zeigt die zwölf menschlichen Charaktere. Die jeweiligen Machtverhältnisse zwischen den einzelnen Verständen werden durch die Größe der Buchstaben veranschaulicht.

Schon beim Anblick dieser Tabelle der Charaktere lässt sich feststellen, dass es in der ersten Zeile die Charaktere gibt, bei denen die Ratio den Vorrang hat, in der zweiten steht die Emotio im Vordergrund, in der dritten tut das der Instinkt, während es in der vierten Zeile die sogenannten Doppelcharaktere gibt, die eben wegen dieser Doppelung besondere Eigenschaften haben. So lassen sich ähnliche Charaktere zu vier Gruppen mit ähnlichen Eigenschaften zusammenfassen.

Die Eigenschaften des wichtigsten Verstandes bei einem Charakter bilden zugleich auch die vorherrschenden Eigenschaften dieses Charakters.

Die Verstände sind völlig ebenbürtig – keiner von ihnen ist besser oder schlechter als die beiden anderen und jeder hat seine Vorzüge und Nachteile. Sie sind jedoch unterschiedlich an verschiedene Umstände angepasst. Der Instinkt bewährt sich am besten im Mangel, die Emotio ist für den Überfluss geschaffen, und die Ratio ist bei schnell wechselnden Verhältnissen am wirksamsten. Ein einzelner Verstand kann somit unter bestimmten Umständen erfolgreicher sein als die beiden anderen.

Der Instinkt

Der Instinkt ist der älteste Verstand. Seine Welt beruht auf verschiedenen Ängsten, die er jeder Sache und jedem Umstand zuschreibt. Er glaubt, dass in der Welt das Böse über das Gute siegt. Seine elementare Aufgabe ist der Schutz, und deswegen ist sein Wirken stets auf das Erkennen von Gefahren in der Umwelt ausgerichtet. Seine Verteidigung ist die Flucht. Der Instinkt ist mit Nachdruck vorsichtig, misstrauisch, argwöhnisch und üblicherweise auch schwarzseherisch. Sein Hauptmotiv ist der Neid. Von Natur aus ist er emsig und sorgfältig, schöpferisch und neugierig. Der Instinkt ist zudem zurückhaltend und unter allen Verständen am meisten gefühlsbetont, aus Angst vor Verlust bindet er sich stark an seine Angehörigen. Er hat häufiger bei Frauen das letzte Wort.

Die Emotio

Die Emotio ist das Gegenstück zum Instinkt. Sie denkt in Bildern, die sie zu Mosaiken zusammensetzt und zu einem Ganzen verbindet. Sie glaubt, dass im Leben das Gute über das Böse siegt. Ihre elementare Aufgabe ist das Erkennen von Subjekten, die besser als sie an die Umwelt angepasst sind. Sie ist mit Nachdruck vertrauensvoll, sodass es schon an Leichtgläubigkeit grenzt, und sieht alles in rosigen Farben. Sie sehnt sich nach neuen Erfahrungen, reist gern, ist gesellig, sogar leichtlebig, faul, sorglos und verantwortungslos. Darüber hinaus ist sie auch eine ausgezeichnete Improvisatorin und eine geborene Genießerin. Sie muss im Mittelpunkt der Aufmerksamkeit stehen, deswegen erinnert sie durch ihr Verhalten oft an ein Kind. Angetrieben wird sie vom Wetteifer, ihre Verteidigung ist der Angriff. Sie hat häufiger bei Männern Schlag.

Die Ratio

Die Ratio ist der jüngste Verstand. Sie handelt analytisch und vernünftig und erscheint deswegen besonnen, reif, erwachsen. Kennzeichnend für sie sind Vorausschau und Planung. Die Ratio ist der einzige Verstand, der einem bewusst ist, und wird deswegen als Bewusstsein aufgefasst. Sie beherrscht Zahlen und Buchstaben, ist genau und folgerichtig, systematisch und berechnend. Sie ist nicht schöpferisch und kennt kein Mitleid. Getrieben wird sie von Gier und hat gleich oft sowohl bei Frauen als auch bei Männern den Vorrang.

Wir können unseren Charakter nicht selbst erkennen. Der Grund dafür liegt sowohl darin, dass wir uns mit unserem vorherrschenden Verstand beurteilen, der so eingestellt ist, dass unsere Denkweise immer den Ausgangspunkt bildet. Er liegt ferner auch darin, dass wir in Wirklichkeit über keinen Vergleich mit anderen Menschen verfügen, denn wir beurteilen auch sie nach unseren Denkmustern. So hält sich jeder Verstand für vernünftig, gerecht und rechthaberisch, und darin liegt auch der Grund dafür, dass von Menschen unter gleichen Umständen verschiedene Entscheidungen getroffen werden.

Eine weitere Schwierigkeit beim Erkennen der Charaktere liegt in den Denkprozessen: Verschiedene Denkprozesse führen nämlich zu gleichen Resultaten. Weil wir bei den Menschen nur die Resultate ihrer Überlegungen, nicht jedoch die Wege sehen, auf denen sie gewonnen wurden, werden auch ihre Handlungen von jedem von uns unterschiedlich beurteilt. Deswegen kommt es immer wieder zu gegenseitigen Missverständnissen, was aber unsererseits häufig gar nicht deutlich wahrgenommen wird.


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